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Kirchgeld ist nicht menschenrechtswidrig

Das sog. “besondere Kirchgeld bei glaubensverschiedenen Ehen” ist eine Form der Kirchensteuererhebung in Deutschland. Es kann von einer Kirche erhoben werden, wenn sich Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagen lassen, der besserverdienende Ehepartner keine Kirchensteuer zahlt (z.B. wegen Kirchenaustritt, Konfessionslosigkeit usw.) und der schlechterverdienende Ehepartner in einer Glaubensgemeinschaft bleibt, die Kirchensteuer erhebt.

Im Endeffekt zahlt der Bessererdiener Kirchensteuer für den anderen Ehepartner mit, obwohl er selbst gar nicht in der Kirche ist.
Das Kirchgeld wurde damit begründet, dass in “Hausfrauenehen” die Ehefrau häufig in der Kirche blieb, aber kein Einkommen erzielte. Der Mann trat dann aus der Kirche aus und somit konnten die Ehefrau und die Kinder alle Vorteile einer Kirche nutzen, ohne dass die Familie Kirchensteuer zahlte.

Das Kirchgeld kann in Deutschland erhoben werden, muss aber nicht erhoben werden. Aktuell sieht es in Deutschland folgendermaßen aus:

– Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen: nur von den evangelischen Landeskirchen
– Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen: von den evangelischen Landeskirchen und den katholischen Bistümern
– Hessen: von der evangelischen Kirche, den katholischen Bistümern, den freireligiösen Gemeinden Mainz und Offenbach sowie den jüdischen Gemeinden in Frankfurt, Bad Nauheim, Darmstadt, Fulda, Gießen, Kassel und Offenbach
– in Rheinland-Pfalz: von den evangelischen Landeskirchen, den katholischen Bistümern Limburg, Mainz, Speyer und Trier sowie der freireligiösen Gemeinde Mainz

Gegen das Kirchgeld wurde nun vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geklagt. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass er durch das Kirchgeld in seiner Religionsfreiheit eingeschränkt würde. Er müsse Kirchgeld bezahlen, obwohl er selbst keiner Kirche angehörte.
Außerdem könne er seine Frau dazu drängen, aus der Kirche auszutreten, da sie ohne eigenes Einkommen ihr eigenes Kirchgeld niemals bezahlen könne. Somit wäre auch dir Frau in der Religionsfreiheit eingeschränkt.

Das Gericht lehnt die Klage als unzulässig ab:
– Jeder kann frei entscheiden, ob er in der Kirche bleibt oder nicht – unabhängig von einem Kirchgeld.
– Im Übrigen betrifft das Kirchgeld nur Ehegatten, die zusammen zur ESt veranlagt werden. Wenn der Ehemann kein Kirchgeld für seine Frau bezahlen will, kann er jederzeit die Einzelveranlagung beantragen. Dann hätte er zwar massive steuerliche Nachteile, könne sich das Kirchgeld aber sparen.

Letztendlich verstößt das Kirchgeld weder gegen Menschenrechte noch gegen die Religionsfreiheit.

Quelle: EGMR, Urteile vom 06.04.2017 – 10138/11, 16687/11, 25359/11 und 28919/11